×
ADHS bei Erwachsenen
Was verbirgt sich hinter ADHS?
Die Abkürzung ADHS bezeichnet die sogenannte Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Dahinter verbirgt sich eine psychiatrische Erkrankung.
Charakteristisch für diese Erkrankung sind folgende Hauptsymptome:
- Hyperaktivität (übersteigerter Bewegungsdrang)
- Unaufmerksamkeit (gestörte Konzentrationsfähigkeit)
- Impulsivität (unüberlegtes Handeln)
- Affektlabilität (rasche und als sehr belastend wahrgenommene Stimmungsschwankungen)
Die einzelnen Symptome können jedoch unterschiedlich ausgeprägt sein und müssen nicht immer alle gleichzeitig auftreten.
Der Oberbegriff ADHS umschreibt auch die Ausprägung der Erkrankung, bei der keine hyperaktive Verhaltensweise zu beobachten ist, sondern nur Aufmerksamkeitsstörungen vorliegen.
Die Symptome von ADHS können von Person zu Person variieren. ADHS ist nicht etwas, was man entweder hat oder nicht hat, sondern es gibt einen allmählichen Übergang von leichten zu starken Symptomen. Auch sind die Symptome nicht nur phasenweise präsent, sondern über die Zeit stabil, also in der Regel ein Leben lang vorhanden.
Demzufolge leidet nicht jeder Betroffene gleich unter ADHS. Ob wirklich eine zu behandelnde ADHS vorliegt, kann nur ein erfahrener Arzt oder Psychiater nach intensiven Untersuchungen feststellen.
Was wissen wir heute über ADHS?
An ADHS scheiden sich in der Öffentlichkeit die "Geister": Die einen sehen darin ein behandlungsbedürftiges Krankheitsbild, andere hingegen sehen darin nichts weiter als eine "Modediagnose".
ADHS ist allerdings kein Phänomen unserer modernen Zeit! Seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts beschäftigt sich die Wissenschaft intensiv mit der Erforschung von Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Obwohl die Entstehungsursachen immer noch nicht vollständig geklärt werden konnten, weiß man heute, dass eine Funktionsstörung im Gehirn für die Verhaltensauffälligkeiten verantwortlich ist.
Bei ADHS-Betroffenen ist in bestimmten Hirnabschnitten das sensible System der Botenstoffe, die Reize von einer Nervenzelle zur nächsten weiterleiten, ins Ungleichgewicht geraten. Dadurch werden ankommende Reize nicht ausreichend gefiltert, so dass "ADHSler" einer andauernden Reizüberflutung ausgesetzt sind.
Wie entsteht ADHS?
Es gibt nicht die eine generelle Ursache für ADHS. Fachleute gehen heute davon aus, dass mehrere Faktoren zusammen wirken müssen, damit es zu einer Beeinträchtigung kommt:
- genetische Faktoren (Vererbung)
- neurochemische Faktoren (Störung im Neurotransmittersystem)
- pränatale Faktoren (Komplikationen während der Schwangerschaft)
- psychosoziale Faktoren (ungünstige Umgebungsbedingungen)
Es wir heute angenommen, dass Kinder mit einer unterschiedlichen Anfälligkeit für ADHS zur Welt kommen. Diese Anfälligkeit trägt, in Kombination mit anderen Faktoren entscheidend dazu bei, ob sich beim Kind eine ADHS ausbildet und es diese mit ins spätere Erwachsenenleben übernimmt.
Eine interessante Theorie von Thom Hartmann besagt, dass Menschen mit ADHS die Nachfahren von guten Jägern sind, also von diesen die Anfälligkeit geerbt haben. Für die Steinzeitmenschen war es lebensnotwendig, im Bruchteil einer Sekunde über Angriff oder Flucht zu entscheiden. Den instinktiven Impuls zu überdenken hätte tödlich sein können. Der Theorie zufolge baut unsere Gesellschaft auf „Farmer-Systemen“ auf. Dies zwingt die Jäger dazu, sich der fremden Struktur anzupassen und ihre Instinkte zu unterdrücken.
Was passiert im Gehirn?
In jeder Sekunde werden tausende von Reizen im Gehirn verarbeitet. Dazu müssen große Informationen in kürzester Zeit von Nervenzelle zu Nervenzelle weitergeleitet werden. Die Nervenzellen sind aber nicht direkt miteinander verbunden. Zwischen ihnen liegt ein kleiner Spalt, der sogenannte synaptische Spalt der von den Botenstoffen überbrückt wird. Wie kleine Schiffe transportieren die Botenstoffe Informationen von einer Zelle zur nächsten.
Die wichtigsten Botenstoffe sind das Dopamin, das Serotonin und das Noradrenalin. Sie müssen in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander stehen, weil sie unterschiedliche Aufgaben haben.
- Das Dopamin sorgt dafür, dass unwichtige Informationen herausgefiltert werden, weil sie nur unnötigen Ballast bedeuten und den anderen Boten im Weg wären. Es steuert die Aktivität, den Antrieb und die Motivation.
- Das Noradrenalin sorgt dafür, dass alle Informationen, die für die Aufmerksamkeit wichtig sind, aufgenommen werden.
- Serotonin ist für die Stimmung und Impulskontrolle zuständig.
Ist zu wenig Dopamin vorhanden, dann werden Informationen und Befehle nicht mehr aussortiert. Umgebungsreize strömen nur schlecht gefiltert in das Gehirn ein, das Noradrenalin findet die Informationen, die weitergeleitet werden müssen, nicht mehr heraus und leitet auch Unwichtiges weiter. Im synaptischen Spalt herrscht Chaos, Informationen stauen sich und gehen teilweise verloren.
ADHS-Betroffenen haben wohl genug Botenstoffe, nutzen diese aber nicht voll aus. Sie werden auf halbem Wege von Transporterproteinen aus dem synaptischen Spalt in die Nervenzelle zurückgezwungen. Ein Überangebot dieser Transporterproteine konnte von Prof. Klaus-Henning Krause (Friedrich-Baur-Institut an der Ludwig-Maximilians-Universität München) nachgewiesen werden.
Besonders gravierend ist dieses Problem beim ADHS in zwei Hirnbereichen:
- Den Basalganglien im Zwischenhirn, die für die Steuerung unbewusster Bewegungen zuständig sind, und
- dem Stirnhirn, wo die Handlungsplanung abläuft.
Der Datenaustausch zwischen diesen beiden Hirnbereichen ist bei Menschen mit ADHS deutlich beeinträchtigt.
Da Noradrenalin aus Dopamin hergestellt wird, der Dopaminstoffwechsel aber gestört ist, liegt auch zu wenig Noradrenalin vor, das für die Aufmerksamkeit erforderlich ist. Überraschenderweise kann diese Fehlfunktion jedoch zeitweise kompensiert werden, und zwar, wenn "gute" Gefühle im Spiel sind.
"Gute" Gefühle wie Begeisterung für eine Sache, Freude oder Zuneigung aktivieren einen anderen Hirnbereich, das sog. limbische System, in dem unsere Gefühle "gemacht" oder verstärkt werden. Bei "guten" Gefühlen kann der ADHS-Patient, obwohl die Stoffwechselstörung in gleicher Weise weiterhin vorliegt, ausgezeichnete Leistungen erbringen.
Wie äußert sich ADHS im Alltag?
Leider werden oft die negativen Eigenschaften von ADHS in den Vordergrund gestellt. ADHS-Betroffene sind aber auch
- auffallend spontan,
- erstaunlich ideenreich,
- allgemein phantasievoll und kreativ,
- überwiegend sensibel,
- meistens hilfsbereit,
- extrem aktiv und beweglich und
- Neuem gegenüber aufgeschlossen.
Gerade diese positiven Wesenszüge bedeuten eine Chance für ADHS-Betroffene. Wenn Menschen mit ADHS an etwas sehr interessiert sind und man ihnen eine Chance gibt, sind sie sehr leistungsfähig.
Wesenszüge, die als Störung wahrgenommen werden:
- Viele Flüchtigkeitsfehler
- Große Probleme mit der Daueraufmerksamkeit
- Scheint häufig nicht zuzuhören
- Bringt Sachen oft nicht zu Ende
- Häufig Probleme mit der Selbstorganisation
- Große Abneigung und Widerwillen, sich länger geistig anzustrengen
- Häufiges Verlieren und Verlegen
- Ist oft durch äußere Reize leicht ablenkbar
- Ist im Alltag übermäßig vergesslich
- Ständige Unruhe und Zappeln mit Händen und Füssen
- Häufiges Aufstehen; Unfähigkeit, sitzen zu bleiben
- "Innerlich wie von einem Motor angetrieben"
- Übermäßiges Reden
- Antwortet oft, bevor Frage vollständig gestellt wurde
- Kann fast immer nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Ist die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung diagnostiziert, stellt sich die Frage nach der Behandlung. Da die neurobiologischen Ursachen nicht beseitigt werden können, gilt es, die Symptome zu behandeln.
Wesentliches Ziel ist, ADHS zu kontrollieren und nicht durch ADHS kontrolliert zu werden.
Die drei wichtigsten Säulen der ADHS-Behandlung sind:
- Psycho-/Verhaltenstherapie
- Einsatz von Medikamenten
- Veränderung des Umfeldes
Wie die Behandlung im einzelnen Fall aufgebaut wird, richtet sich vor allem danach, wie stark die Symptome ausgeprägt sind. Auch der Leidensdruck des ADHS-Betroffenen und seiner Familie spielt hier eine mitbestimmende Rolle.
Ab wann sollte mit einer Behandlung begonnen werden?
Für den genauen Zeitpunkt, wann eine Behandlung einsetzen sollte, gibt es keine allgemeinen Angaben. Das richtet sich nach der individuellen Symptomausprägung und danach, welche Beeinträchtigungen die Betroffenen erleiden.
Wie Ihnen ein Verhaltenstherapeut helfen kann!
Mein psychotherapeutisches Angebot besteht in Anlehnung an ein an der Universität Freiburg entwickeltes Konzept in einer Psychotherapie die verschiedene Bereiche beinhaltet.
Die Therapiebereiche sind:
- Informationen über die neurobiologischen Grundlagen von ADHS,
- Achtsamkeitsübungen trainieren und in den Alltag integrieren,
- Erlernen von Verhaltensanalysen im Selbstmanagement,
- Hilfestellungen bei Zeitplanung und Organisationsplanung
- Einführung in die Theorie der Gefühle und Übungen zur Emotionswahrnehmung,
- Impulskontrolle,
- Stress-Management,
- Umgang mit Sucht und Depression,
- Information über Medikamente gegen ADHS und schließlich,
- Selbstachtung.
Partner und Familienmitglieder beziehe ich gerne mit ein.